Evangelische
Kirchengemeinde
Köngen
 
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20211003
03.10.2021
Erntedank−Gottesdienst am Sonntag 03. Oktober 2021
Zum Gottesdienst am Sonntag, 3. Oktober 2021 konnten wir unsere Kirche wieder wunderschön geschmückt erleben. Herzlichen Dank allen, die etwas vorbeigebracht haben und Frau Aldinger dafür.
Erntedank−Altar 03.10.2021
Foto Erntedankaltar: Ursula Ullmann−Rau
Dieses Jahr hörten wir im zweiten Gottesdienst eine Geschichte aus der Sicht des Hundes Birk, der sich Gedanken gemacht hat zum Lied „Wir pflügen und wir streuen“. Dieses Lied nach einem Text von Matthias Claudius gehört zu unseren Erntebitt− und Erntedankgottesdiensten.
Birk entdeckt die Hand des Himmels (Erzählung)
Es ist schon lange her, dass sich diese Geschichte ereignet hat. Damals gab es noch keinen Traktor und kein Auto. Vom Bauernhof aufs Feld mussten alle laufen. Die Arbeit wurde von Hand gemacht. Birk stand gähnend auf und steckte die Nase aus der Hütte in die Morgensonne. Zufrieden blickte er von der Scheune bis zum Bauernhaus und streckte sich.
Er dachte:
Alles in Ordnung hier in meinem Revier. Kein Fremder kann den Hof betreten, ohne dass ich es melde. Wenn sich der Fuchs in die Nähe des Hühnerstalles wagt, bekommt er meine Zähne zu spüren. Birk lief zur Mauer und hob sein Bein. Birk, ihr habt es wahrscheinlich erraten, war ein Hund. Ein stattlicher Hund mit rötlichem Fell, den wir auf dem Bild sehen.
gauguin_karte_erntedank
„Ernte am Meer“ Paul Gauguin
Einem Erwachsenen reichte er bis übers Knie. Und der 3−jährigen Lea konnte er bequem übers Gesicht lecken. Aber er war ein braver Hund und hielt sich zurück, auch wenn er die Kinder des Bauern sehr gern mochte. Eben wollte sich Birk noch einmal aufs Ohr legen, da kamen Frauen aus dem Haus. Sie hatten Körbe dabei. Darin dufteten Käse und Brot. Männer beluden den Wagen mit Sicheln und allerlei Gerätschaften. Die Bäuerin rief Birk zum Hoftor. Da verstand er: Heute darf ich mit. Birk antwortete mit übermütigem Bellen. Es bedeutete: Auf! Ich bin schon lange bereit.
Die Bauersfamilie und weiteren Männern und Frauen, setzten sich in Bewegung. Sie unterhielten sich und lachten. Eine Stimme summte eine Melodie. Bald summten alle mit. Birk war mit Schnuppern beschäftigt. Immer die Nase am Boden trabte er nebenher. Die meisten Düfte waren ihm vertraut!
Hier roch es nach dem grauen Kater, der täglich am Hoftor vorbei streifte. Dort roch es nach dem Mann, der die Milchkannen am Abend abholte. Als seine Pfoten plötzlich das weiche Gras unter sich spürten, blieb er stehen und steckte die Nase in den Wind. Ganz lange und aufmerksam stand Birk da.
Hier roch es anders als zu Hause! Salziges, Würziges, Lehmiges, Süßes, Lebendiges wehte Birk um die Nase. Am liebsten wollte er von allem probieren. Er biss in das saftige Gras und scharrte mit den Pfoten in der Erde. Dort roch es gut nach den orangefarbenen Wurzeln, die er so gerne mochte.
Karotten mit etwas Erde dran… welch ein Festschmaus! Nur die trockenen, gelblichen Halme, an denen die Frauen sich zu schaffen machten, interessierten Birk wenig. Da begannen die Menschen zu singen: Wir pflügen und wir streuen, den Samen auf das Land, doch Wachstum und Gedeihen kommt aus des Himmels Hand. Der tut mit leisem Wehen sich mild und heimlich auf und träuft wenn heim wir gehen Wuchs und Gedeihen drauf. Alle gute Gabe kommt her von Gott dem Herrn, drum dankt ihm, dankt, drum dankt ihm, dankt und hofft auf ihn!
Birk legte den Kopf schief. Er blickte zum Himmel nach oben.
Ihm erschien das Lied ein wenig sonderbar. Birk überlegte: Von einer Hand des Himmels hatten sie gesungen… Aber das war sonderbar. Da oben war doch nur Luft. Weit und breit war es blau und leer. Eine Hand war nicht zu sehen. Und zu riechen war sie auch nicht. Die Hand seines Bauern roch nach Erde und Schmieröl. Die Hand der Bäuerin nach Mehl, Salz und Honig. Birk streckte die Nase noch weiter nach oben und schnupperte angestrengt. Aber er konnte an dem blauen Himmelsdach keinen Duft wahrnehmen. Die Stimme der Bäuerin riss Birk aus den Gedanken. Brotzeit ist bereit! Kommt alle her! Unauffällig kam auch Birk näher zum Korb mit dem Brot. Auch wenn er wusste: Sie werden mir nichts geben von ihrem Menschenessen. Den Duft vom Brot in der Nase überlegte Birk:
Wenn da oben keine Hand zu bemerken ist, woher kommt eigentlich das Essen von den Menschen? Wer füllt ihnen den Teller auf, wenn es Abend wird? Und wer wirft ihnen am Sonntag als besonderen Leckerbissen einen Knochen zu? Gibt es überhaupt jemanden, der die Menschen füttert?
Birk ahnte mehr, als er es wusste: Es war irgendwie anders.
Die Menschen kümmerten sich ja selber um das Essen. Sie hatten eine Speisekammer, in der es jederzeit wunderbar nach Essbarem duftete. Sie hatten einen Keller und einen Speicher.
Die Tür dazu konnten sie selber öffnen. Die Menschen brauchten niemanden. Niemand gab ihnen Essen. Aber, anders als er selber, lagen die Menschen auch nie in Ruhe in der Sonne. Sie waren irgendwie immer beschäftigt. Birk erinnerte sich: Es war wie in dem Lied. Im Frühjahr stellte der Bauer Säcke mit Körnern bereit und brachte sie raus zu den Feldern.
Dann wurden tatsächlich Samenkörner auf den Ackerboden ausgestreut. Ein paar Tage oder Wochen später streckten sich kleine grüne Halme aus der Erde. Die wuchsen auf mit jedem Regen im Frühjahr bis die grünen Halme im Wind hin und her wogten wie das Meer. Unter der heißen Sommersonne dann wurden sie blass und blasser. Schließlich gelb. Ganz trocken standen die Halme. Aber oben an den Ähren hatten sich kleine Körner gebildet. Mit einem trockenen, würzigen Geruch. Um die zu ernten waren nun alle hier. Sie schnitten die Halme mit den reifen Ähren ab. Banden sie in Garben−Bündel. Aus denen würde man das Korn heraus dreschen. Die Körner würden in Säcken gesammelt und zur Mühle gebracht. Aus dem Mehl würde die Bäuerin frisches Brot und Kuchen backen. Birk lief das Wasser im Mund zusammen, wenn er an den leckeren Duft dachte, der dann aus dem Backofen über den Hof wehte. Manchmal bekam Birk auch etwas ab. So toll waren sie, seine Menschen! Behaglich legte sich Birk ins Gras, wälzte sich hin und her und blieb auf dem Rücken liegen.
Er dachte nach:
So toll und stark sind die Menschen?! Aber trotzdem glaubten sie irgendwie: Wir schaffen das alles nicht aus eigener Kraft?! Trotzdem dankten sie jemand da oben im Himmel mit ihrem Lied?! Und siehe da, schon sangen sie wieder: Er sendet Tau und Regen und Sonn− und Mondenschein, er wickelt seinen Segen gar zart und künstlich ein und bringt ihn dann behende in unser Feld und Brot: es geht durch unsre Hände, kommt aber her von Gott.
Birk drehte sich blitzschnell um und schüttelte sich. Regen! Puh! Damit war es so eine Sache. Anscheinend war der Regen wichtig. Gott sei Dank, endlich Regen! sagte der Bauer und streckte die Hand unter dem Dach hervor, wenn es nach vielen trockenen Tagen sanft vom Himmel tropfe. Birk konnte es selber sehen, wie erfrischt die Pflanzen danach aussahen.
Und die Wiese, sie war schon am nächsten Morgen ein Stück gewachsen. Hin und wieder war der Himmel aber auch bedrohlich. Dann schüttet es von oben herunter wie aus Eimern. Blitze zuckten aus dunklen Wolken und ein kräftiger Wind riss wütend an den Bäumen. Dann sah die Bäuerin besorgt aus. Und Birk zog sich frierend in seine Hütte zurück.
Das waren keine schönen Tage dann. Aber, schlau wie Birk nun einmal war, hatte er auch etwas beobachtet: Das Wasser, das vom Himmel kam, sammelte sich nicht nur in den Pfützen auf dem Hof. Es floss auch in kleinen Rinnsalen hin zum Bach, von dort in den Mühlweiher und weiter zum Fluss. Das große Wasser dort hinter dem Hügel, das war wohl auch so ein Weiher oder war es gleich das große Meer, von dem die Frauen gesungen hatten?
Was nah ist und was ferne, von Gott kommt alles her, der Strohhalm und die Sterne, der Sperling und das Meer. Von ihm sind Büsch und Blätter und Korn und Obst, von Ihm. Das schöne Frühlingswetter und Schnee und Ungestüm.
Wie sonderbar. Birks Blick streifte noch einmal über die ganze Landschaft. Er sah die Felder, den fernen Hügel, weiter hinten auch das Meer und die Insel darin. Er sah auch seine Menschen, die schon wieder gebückt im Feld standen und arbeiteten. Birk staunte mehr und mehr. All das hing also zusammen. Regen und Schnee, Mehlsack und Strohhalm, das weit entfernte, riesige Meer und sogar der kleine braun gefleckte Sperling. Da fiel Birk auf: Sperlinge, Spatzen, die waren jetzt in Scharen auf dem Feld. Sie flogen hierher und dorthin mit aufgeregtem Zwitschern. Wo die Garben bereits abgeschnitten waren, pickten sie nach den Körnern, die liegen geblieben waren. Also sorgt der Himmel nicht nur für die Menschen und Hunde − also alle, die nützlich sind − sondern auch für Vögel, die einfach nur da sind um zu singen. Also war diese Hand des Himmels da, damit alle leben konnten und es gut hatten. Birks Schwanz begann wie von allein zu wedeln. Wie schön, dass es ihn gibt, diesen Gott! Wie schön das klingt, das Lied von der unsichtbaren Hand des Himmels. Wie schön ist es, hier zu sein und all das zu hören und zu sehen und davon zu wissen.
Und dann sangen sie noch einmal: Er lässt die Sonn aufgehen, er stellt des Mondes Lauf; er lässt die Winde wehen und tut den Himmel auf. Er schenkt uns so viel Freude, er macht uns frisch und rot; er gibt den Kühen Weide und unsern Kindern Brot.
Birk fand, diese letzte Liedstrophe könnte man noch verbessern, da müssten dringend Hunde vorkommen. Ihm fiel auch gleiche eine schöne neue Zeile ein: Gott gibt dem Hund den Knochen und seinem Herrchen Brot. Birk schnaufte tief und rollte sich auf dem Gras ein. Im Halbschlaf dachte er bei sich selbst: Ach, könnte ich die Hand des Himmels nun auch noch riechen! Sie duftet bestimmt unvergleichlich gut.